„Ein weiterer Puffer in einer Notsituation“

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In der Notunterkunft in Gelnhausen werden in wenigen Tagen Asylsuchende und Geflüchtete erstbetreut und -versorgt. Kreisbeigeordneter Winfried Ottmann, Landrat Thorsten Stolz, Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler und Bürgermeister Daniel Glöckner bezeichneten die Einrichtung als „weiteren Puffer in einer Notsituation“ (von links).

1. November 2022. - Der Main-Kinzig-Kreis wird in wenigen Tagen die Notunterkunft an der Kreisrealschule Gelnhausen eröffnen. Die Vorarbeiten in der Leichtbauhalle sowie der angeschlossenen Versorgungshalle sind weitestgehend abgeschlossen, die Schlaf- und Wohnkabinen mit Doppelstockbetten hergerichtet und die betreuenden Partner in den Startlöchern. Somit können dort die ersten Menschen vorübergehend einziehen. Die Einrichtung bietet Platz für rund 150 Asylsuchende und Geflüchtete. Die geplante Verweildauer ist jeweils nur kurz: Aus der Notunterkunft an der Kreisrealschule, ebenso wie aus den Turnhallen, werden die Menschen nach einigen Tagen in die Städte und Gemeinden gebracht – je nach Platzmöglichkeiten vor Ort – wo sie dauerhaft unterkommen.

„Wir können jetzt mit dem Betrieb der Einrichtung beginnen, und wir brauchen die Plätze dringend“, erklärt Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler. Nach wie vor erreichen den Main-Kinzig-Kreis bis zu 160 Menschen aus mehreren verschiedenen Herkunftsländern. Da sehe es der Kreis „als sein Teil der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe“, neben der Koordination und der Betreuung der Menschen, auch selbst Unterbringungen zu schaffen. Der Main-Kinzig-Kreis arbeite eng mit den Städten und Gemeinden zusammen. „Wir haben in Gelnhausen durch ein gutes Zusammenspiel der politischen Vertreter und der Verwaltungsebene den Bau dieser Notunterkunft enorm beschleunigen können. Das Thema Unterbringung ist für uns alle Anstrengung und Verantwortung zugleich. Da helfen das Vertrauen und Miteinander auf der kommunalen Ebene natürlich sehr, schnell Lösungen in dieser Situation umzusetzen“, so Simmler.

In der Leichtbauhalle sind 22 abgetrennte Schlafkabinen für je acht Personen eingerichtet. Eine kleinere Halle daneben dient als Ess- und Aufenthaltsbereich. In Sanitärcontainern im Vorraum der Notunterkunft stehen Toiletten und Duschen zur Verfügung. Die Einrichtung wird mit der Hanauer Firma Musleh durch ein erfahrenes Unternehmen betreut, das ebenfalls auf dem Gelände mit einem Bürobereich vertreten ist. Das Unternehmen ist aktuell auch in anderen Einrichtungen des Kreises tätig und somit geübt darin, die koordinierende Rolle als Standortleitung zu übernehmen und eine permanente Ansprechbarkeit sicherzustellen.

Für den Main-Kinzig-Kreis ist die Leichtbauhalle zwischen Hallenbad und Schulturnhalle die derzeit fünfte Notunterkunft im Kreisgebiet. Vier sind in Hallen eingerichtet, in Birstein, Hanau-Mittelbuchen, Langenselbold und Wächtersbach – aber dort möglichst nicht mehr lange, wie Landrat Thorsten Stolz erklärt: „Unser ursprünglicher Zeitplan hat im Sommer so ausgesehen, dass wir bis zum Ende des laufenden Jahres aus allen Turnhallen raus sind oder Zeitfenster fixieren, bis wann das der Fall ist. Die Ereignisse in der zweiten Jahreshälfte haben leider sämtliche Pläne überholt und zunichtegemacht.“ Das gelte für die kommunale und die Kreisebene, „und ich habe den Eindruck, die übergeordneten politischen Ebenen in Wiesbaden und Berlin haben in dieser zweiten Jahreshälfte ihre liebe Mühe gehabt, ihrerseits lageangemessen zu handeln und zu kommunizieren, sofern sie das im Moment überhaupt tun“, so Stolz. „Angemessen wäre jedenfalls viel mehr, um den Städten, Gemeinden und Landkreisen in dieser Unterbringungskrise Entlastung zu verschaffen.“

Als sich im Sommer abgezeichnet hat, dass die Flüchtlingszahlen wieder ansteigen, hatte der Main-Kinzig-Kreis die Kommunen dazu aufgerufen, geeignete Flächen für behelfsmäßigen Wohnraum zu melden. Eine Reihe von Grundstücken und Bestandsimmobilien wurden dabei vorgeschlagen. Einige Optionen haben sich als baulich, verkehrs-, versorgungs-, sanitärtechnisch oder energetisch ungeeignet dargestellt beziehungsweise das entsprechende Herrichten als zu aufwändig und teuer. So haben sich Fachleute des Kreises beispielsweise gegen eine Halle in Schöneck entschieden. Andere Optionen kamen in die engere Auswahl, darunter das Gelände in Gelnhausen.

„Diese Notunterkunft ist ein weiterer Puffer in einer Notsituation. Perspektivisch ist sie ein Baustein, um die derzeit noch belegten Turnhallen zu ersetzen. Sobald es die Situation zulässt, wollen wir mit dem Rückbau einer ersten Turnhallen-Notunterkunft beginnen. Die Turnhallen sind keine Dauerlösung“, sagt Landrat Thorsten Stolz.

Damit nahe den angestammten Standorten wieder Sport ausgeübt werden kann, hat der Kreisausschuss in dieser Woche die Anmietung von Übergangssporthallen beschlossen. Dabei handelt es sich um mobile Hallen in Leichtbauweise, die auf Grundstücken in Birstein, Langenselbold und Wächtersbach aufgebaut werden sollen. Der Kreis will damit sowohl dem Schulsport als auch dem Vereinssport unter die Arme greifen. Ein genauer Zeitplan für die Umsetzung wird in den nächsten Tagen festgelegt.

Kreisbeigeordneter Winfried Ottmann bekräftigt, dass man den örtlichen Schulen ebenso wie den Vereinen seit Monaten bei der Nutzung von Ersatzlösungen helfe. Nach dem Rückbau der Turnhalle in Bruchköbel im Juli wollte der Kreis bekanntlich auch die weiteren Notunterkunfts-Provisorien wieder aufgeben, nacheinander ab August, wie der Kreis zumindest im Frühsommer angekündigt hatte. „Turnhallen sind für eine Unterbringung die schlechteste der Möglichkeiten“, unterstreicht Schuldezernent Ottmann. „Der Unterschied zwischen der heutigen Situation und den Sommermonaten ist, dass wir jetzt mit bald 14 Gemeinschaftseinrichtungen und neuen großen Notunterkünften auch echte, dauerhafte Alternativen und eine höhere Planungssicherheit haben. Wir können den Schulkindern und den Vereinsmannschaften somit eine Perspektive für die nächsten Monate eröffnen.“

Gelnhausens Bürgermeister Daniel Glöckner weiß sehr gut, was es bedeutet, wenn große Vereine auf ihre Heimspielstätten und Jugendgruppen auf ihre Turnhalle verzichten müssen. Genau das war in Impfzentren-Zeiten unter anderem in Gelnhausen der Fall. „Es ist eine gute Entscheidung des Kreises, Notunterkünfte und Gemeinschaftseinrichtungen außerhalb von Turnhallen zu errichten. Aber eines ist auch klar: Neue Einrichtungen wie diese Leichtbauhalle oder Containeranlagen an anderer Stelle im Stadt- und Kreisgebiet schafft man nicht mal eben über Nacht. Insofern haben die Kommunen auch Verständnis dafür, dass der Kreis Hallen für diese riesige Aufgabe der Unterbringung eine Weile lang mitnutzen muss“, so Glöckner.

Wie lange die Notunterkünfte insgesamt gebraucht werden, kann der Main-Kinzig-Kreis derzeit nicht prognostizieren. In Kürze rechnet der Kreis mit neuen Angaben des Landes Hessen dazu, wie die Zuteilung von Asylsuchenden innerhalb des Landesgebiets nach dem Jahreswechsel weitergeht. Von einer deutlichen Trendumkehr geht der Kreisausschuss im Moment nicht aus.