Tiefe Liebe und Zuneigung als Motivation

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Günther Friedrich (Sechster von links) erhielt im Kreise seiner Familie, Freunde und Wegbegleiter aus den Händen von Landrat Thorsten Stolz (Vierter von links) die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für die langjährige Pflege seiner Frau Ingeborg Friedrich.

02. August 2023 - Es war ein bewegender Moment, als Günther Friedrich zwei Stühle nahm, sie vor das Rednerpult im Barbarossasaal im Main-Kinzig-Forum stellte und zwei Fotos seiner Frau auf den Sitzen platzierte. „Ich bedaure sehr, dass meine Frau nicht dabei sein kann, aber ihr Gesundheitszustand hat es einfach nicht zugelassen“, wird er später erklärend sagen, nachdem er aus den Händen von Landrat Thorsten Stolz die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland empfangen hatte. Diese hohe Auszeichnung wurde dem 75-jährigen Langenselbolder für die aufopferungsvolle, beständige und zugewandte Pflege von Ingeborg Friedrich zuteil. Seit mittlerweile 17 Jahren ermöglicht der Geehrte seiner Frau, in ihrem gewohnten Umfeld zu leben. Er kümmert sich mit der Unterstützung der beiden Töchter Ines und Martina sowie ambulanten Pflegekräften rund um die Uhr um die Schwerstbehinderte.

Im Herbst 2006 nahm das Leben der Familie Friedrich jene dramatische Wende, die noch heute fortwirkt. Günther Friedrich war auf der Autobahn im Kinzigtal unterwegs, als das Telefon klingelte. „Papa, die Mama stirbt“, erinnerte er sich während der Feierstunde an die Worte seiner Tochter. „Nein, das kann nicht sein“, habe er damals gedacht und beschlossen, dem Schicksal die Stirn zu bieten. Er wollte seiner Frau trotz des schweren Herzinfarktes, der Reanimation und den gesundheitlichen Folgen ein lebenswertes Leben in gewohnter Umgebung ermöglichen. Auch deshalb wurde das Heim des Ehepaars behindertengerecht umgestaltet und ist barrierefrei. 2010 trat der Elektroingenieur in den Ruhestand. Seither ist ihm die Pflege seiner Frau zur Lebensaufgabe geworden, auch weil sich der gesundheitliche Zustand von Ingeborg Friedrich im Laufe der Jahre immer weiter verschlechterte. Die Schwerstbehinderte ist seit vielen Jahren nicht mehr in der Lage, ganz alltägliche Handgriffe selbständig durchzuführen und auf Hilfe angewiesen. Ingeborg Friedrich hat mittlerweile Pflegegrad 5 und 100 Prozent Schwerbehinderung. Für Günther Friedrich steht es auch nach 17 Jahren und trotz aller Herausforderungen außer Frage, die Pflege seiner Frau in fremde Hände zu geben.

Thorsten Stolz würdigte in seiner Laudation den langen und selbstlosen Einsatz von Günther Friedrich: „Es kommt nicht oft vor, dass ich als Landrat eine Verdienstmedaille übergebe, und es ist das erste Mal, dass ich eine solche Auszeichnung für die Pflege einer Angehörigen überreiche. Es ist mir eine besondere Ehre, die ich mit meinem persönlichen Dank und dem des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier verbinde.“ Günther Friedrich erhalte die Medaille stellvertretend für jene Menschen in Deutschland, die ihre Lieben zuhause pflegen. Es seien stille Heldinnen und Helden. Sie seien unersetzlich und verdienten Dank, Anerkennung und höchsten Respekt. „Es gibt in Deutschland etwa vier Millionen pflegebedürftige Menschen, die in der Familie und nicht in stationären Einrichtungen betreut werden, berichtete der Landrat. „Um diese Pflege zu leisten, werden etwa drei bis fünf Millionen Pflegende gebraucht. Sie tun dies nicht unter dem aufmerksamen Blick der Öffentlichkeit, sondern leise und beständig, ja mit Selbstverständlichkeit, im Hintergrund.“ Menschen wie Günther Friedrich seien ein Vorbild für andere. „Sie machen das nicht für eine Auszeichnung, sondern aus Liebe zu Ihrer Frau“, wandte sich der Landrat an den Geehrten.

Mit großer Freude und Rührung ließ sich Günther Friedrich die Verdienstmedaille von Thorsten Stolz am Revers befestigen. Der Landrat habe mit seinen Worten einfühlsam die Situation auf den Punkt gebracht, sagte Günther Friedrich und fuhr fort. „Ja, ich handele aus Zuneigung und tiefer Liebe zu meiner Frau und freue mich, denn sie hat an jedem Tag ein Lächeln für mich.“ Auch deshalb widmete er die Hälfte der Auszeichnung seiner Frau. Die Medaille sei eine Anerkennung für die Mühen und für den allzu oft schweren Alltag. Er freue sich schon darauf, dass sie, die er liebevoll „Mausi“ nennt, ihn mit einem Lächeln beschenke, wenn er ihr die Auszeichnung zeige.