„Eine der wichtigsten sozialen Fragen dieser Zeit“

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Die drei Standorte der Impfstellen, darunter in Hanau, bleiben erhalten und werden für Gesundheitsberatungen und Impfangebote genutzt. (Archivfoto: Kreispressestelle)

23. Dezember 2022. - Der Main-Kinzig-Kreis bleibt auch nach dem 31. Dezember mit Impf- und Beratungsangeboten des Öffentlichen Gesundheitsdiensts in der Fläche des Kreises vertreten. Die Landesfinanzierung der Corona-Impfstellen läuft zwar zum Jahresende aus, doch die Kreisspitze schätzt den Wert von niedrigschwelligen Gesundheitsangeboten – auch über die Corona-Schutzimpfung hinaus – als bedeutend hoch ein.

„Wir haben in den 15 Monaten, in denen wir nun eigene Impfstellen betreiben, viele Menschen erreicht, die bisher keinen Zugang zum Gesundheitssystem gefunden haben oder bisher mit Gesundheitsangeboten nicht erreicht worden sind“, erklärt Landrat Thorsten Stolz. „Das mag ganz unterschiedliche Gründe gegeben haben, finanzielle, soziale oder auch sprachliche. Wir sehen jedenfalls den Bedarf für ein ergänzendes medizinisches Angebot und werden daher auch weiterhin im Westkreis, in der Kreismitte und im Bergwinkel präsent bleiben.“

Im Oktober 2021 hatte der Main-Kinzig-Kreis, direkt nach Ende der durch das Land Hessen betriebenen Impfzentren, eigene Impfstellen eröffnet. Im Rahmen der kreiseigenen Kampagne „Dein Pflaster“ hatten die Standorte in Hanau, Gelnhausen und Schlüchtern prompt Vorbildcharakter für andere Gebietskörperschaften. Bald schon hatten praktisch alle Landkreise und kreisfreien Städte vergleichbare Impfangebote aufgebaut. Im Main-Kinzig-Kreis waren es auf dem Höhepunkt der Impfkampagne zwischenzeitlichen deren sieben. Seit dem Frühjahr ist die Nachfrage nach Impfungen zunehmend zurückgegangen, unterbrochen von recht kurzen Zeitfenstern in den Urlaubssaisons und nach Einführung neuer Impfstoffe.

Der Main-Kinzig-Kreis hat darauf schon früh reagiert und sich gesundheitspolitisch breiter aufgestellt. „Wir haben unser Impfangebot auf die drei ersten Standorte zurückgeführt und diese Art Basisstationen auch als Ausgangspunkt für weitere Gesundheitsangebote genutzt“, erklärt Erste Kreisbeigeordnete und Gesundheitsdezernentin Susanne Simmler. So hatten Beschäftigte des Amts für Gesundheit und Gefahrenabwehr die Impfstellen im Laufe des Jahres auch als Ausgangspunkt sowohl für mobile Impfangebote als auch für Gesundheitsberatungen in der Fläche genutzt. Genau dafür sollen die drei Standorte weiter genutzt werden: für stationäre Angebote und als Ausgangspunkt für mobile Einsätze für besondere Gruppen wie zum Beispiel Institutionen der Eingliederungshilfe oder auch der Altenpflege.

„In diesem Jahr sind über 9.000 Menschen in unsere Region geflüchtet, ohne Vorwissen über das deutsche Gesundheitssystem, teils mit physischen und psychischen Leiden. Hier haben wir in den Notunterkünften und Gemeinschaftseinrichtungen Sprechstunden und Grunduntersuchungen über unsere Teams des Öffentlichen Gesundheitsdienstes organisiert. Da hat es sich als großer Vorteil erwiesen, dass wir dezentral unterwegs und schnell vor Ort waren“, so Simmler. „Diesen Vorteil haben wir auch schon zu Impfzentren-Zeiten gehabt, als wir nicht nur in Gelnhausen, sondern auch in Hanau einen Anlaufpunkt für Personal und Equipment hatten. Auf diesen guten Erfahrungen setzen wir auf.“

Während die Anmietung der Liegenschaften in Gelnhausen (Am Ziegelturm 4) und Schlüchtern (Bahnhofstraße 6a) ohnehin noch über den Jahreswechsel hinausgegangen wäre, behält der Main-Kinzig-Kreis mit Unterstützung und in Kooperation mit der Stadt Hanau den Standort Herrnstraße noch übergangsweise bis März bei. Dann wird der Umzug an eine andere Adresse im Stadtgebiet erfolgen. Die gemeinsamen Vorberatungen von Kreis und Stadt dazu laufen noch.

Dr. Wolfgang Lenz, Leiter des Amts für Gesundheit und Gefahrenabwehr, freut sich über die Fortsetzung, wenn auch mit weniger Personal. „Wir werden ab Januar über eine Kernmannschaft verfügen, mit der wir auf den Feldern der grundsätzlichen Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes gut arbeiten können“, sagt Dr. Lenz.

Eine Säule bildet weiterhin ein zwar eingeschränktes, aber weiterhin vorhandenes Impfangebot gegen das Coronavirus. Dazu wird es in allen drei Impfstellen wöchentlich einen beziehungsweise zwei Termine geben. Zu diesen Öffnungszeiten kann sich jeder gegen das Coronavirus impfen lassen. Ziel des Kreises ist, das Impfangebot kurzfristig auch auf andere Bereiche auszuweiten, etwa für Masernschutzimpfungen.

Die zweite Säule bilden die Gesundheitsberatungen. Seit dem Frühjahr hat das Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr wöchentlich in den Notunterkünften und Gemeinschaftseinrichtungen Gesundheitssprechstunden angeboten. Sie dienten in diesen mittlerweile 16 Einrichtungen zur Erstuntersuchung ebenso wie als Orientierung für die Geflüchteten, etwa wo welcher Facharzt angesprochen werden kann oder welche gesetzlichen Rahmenbedingungen zu beachten sind. Dieses Angebot kann mindestens mal zweiwöchentlich fortgesetzt werden. „Nach unserer Erfahrung ist der Bedarf vor allem bei den Menschen hoch, die sich noch nicht lange in Deutschland aufhalten und neu im Main-Kinzig-Kreis sind. Für sie streben wir in den entsprechenden Einrichtungen eine höhere Sprechstunden-Frequenz an“, führt Amtsleiter Dr. Wolfgang Lenz weiter aus.

Gesundheitsdienstleistungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes wie zum Beispiel Schuleingangsuntersuchungen und Beratungen nach dem Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz sollen ebenso perspektivisch in der Fläche angeboten werden wie Aufklärungskampagnen und Belehrungen nach dem Infektionsschutzgesetz für Beschäftigte des Lebensmittelbereichs. „Wir haben in den vergangenen drei Jahren als Gesellschaft den Wert von Gesundheit und für das Vorhandensein Anlaufstellen mehr als intensiv erlebt. Jetzt in der Fläche für die Bürgerinnen und Bürger Leistungen vorzuhalten, auch mit weiteren Kooperationspartnern wie Ärzten oder Apotheken, Krankenkassen oder Beratungsinstitutionen, ist eine Folge des Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“, so Susanne Simmler.

Die ärztliche Leitung des Teams obliegt Dr. Silke Hoffmann-Bär, die seit der Corona-Pandemie von der Stadt Hanau abgeordnet worden ist. Damit unterstützt auch Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky die Fortsetzung der – nun mit breiterem Fokus ausgerichteten – Impfstellen. „Wir wollen mit den Gesundheitsangeboten möglichst viele Menschen so einfach und direkt wie möglich erreichen. Da spielt der Standort ebenso eine Rolle wie auch die Erfahrung und Routine des Personals. Deshalb ist es gut, dass es mit Impfangeboten und Angeboten zur Aufklärung und Gesundheitsinformation weitergeht, in Hanau und auch in den anderen beiden Städten. Wir unterstützen das unsererseits sehr gerne, weil der Nutzen auf der Hand liegt und uns der Erfolg der letzten Monate recht gibt“, sagte Oberbürgermeister Kaminsky.

Dr. Silke Hoffmann-Bär hatte bisher die Impfleitung für den Main-Kinzig-Kreises inne. Die Finanzierung der einzelnen Stellen übernimmt zunächst der Main-Kinzig-Kreis. Allerdings sieht sich der Kreis auch hierbei in einer Vorreiterrolle und wirbt im Sinne eines flächendeckenden öffentlichen Gesundheits- und Impfangebots um die Unterstützung durch den Bund und das Land. „Gesundheit ist eine der wichtigsten sozialen Fragen unserer Zeit. Es dürfen nicht der Geldbeutel oder der Wohnort dafür entscheidend sein, ob eine Bürgerin oder ein Bürger eine gute gesundheitliche Grundversorgung erhält“, so Susanne Simmler. Der Öffentliche Gesundheitsdienst habe in der jüngsten Vergangenheit gezeigt, wie er diese Grundstruktur wirksam ergänzen könne, „daran knüpfen wir im kommenden Jahr an“. Die Impf- und Aufklärungsangebote sind zunächst bis Ende 2023 befristet.