Telenotarztsystem und Hebamme vor Ort

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Kathrin Anders, Sprecherin für Geburtshilfe der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Hessischen Landtag, informierte sich im Gefahrenabwehrzentrum des Main-Kinzig-Kreises über das Projekt „Hebamme vor Ort“. Empfangen wurde sie von Susanne Simmler, Erste Kreisbeigeordnete, Günther Seitz, Abteilungsleiter Gefahrenabwehr im Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr des Main-Kinzig-Kreises, sowie Dr. Manuel Wilhelm, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes.

28.03.2022. - „Es ist wichtig, die medizinische Infrastruktur im ländlichen Raum zu erhalten, sie zugleich zu verbessern und den sich ändernden Bedürfnissen anzupassen. Das gehört zur kommunalen Daseinsvorsorge“, sagte Kathrin Anders, Sprecherin für Geburtshilfe der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Hessischen Landtag, kürzlich im Gefahrenabwehrzentrum des Main-Kinzig-Kreises in Gelnhausen. Die Landtagsabgeordnete informierte sich bei ihrem Besuch über das Projekt „Hebamme vor Ort“ und das Telenotarztsystem, das die Rettungsdienste im Kreis seit mehr als drei Jahren bei ihren Einsätzen unterstützt.

Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler begrüßte Kathrin Anders gemeinsam mit Günther Seitz, Abteilungsleiter Gefahrenabwehr im Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr des Main-Kinzig-Kreises, und dankte der Landtagsabgeordneten für ihr Interesse: „Mit dem Hebammenprojekt wollen wir die gesundheitliche Versorgung von werdenden Müttern und ihren Kindern weiter verbessern. Uns ist es wichtig, Lösungen und nicht Probleme in den Fokus zu nehmen. Deshalb orientieren wir uns an der Lebensrealität der Menschen und überlegen, welche Player einbezogen werden müssen, um eine möglichst optimale Lösung für ein erkanntes Problem umzusetzen. Dafür braucht es Menschen, die bereit sind mitzugestalten. Genau dies bildet die Grundlage für die beiden so erfolgreichen Projekte ‚Hebamme vor Ort‘ und ‚Telenotarzt‘.“

Anschließend stellte Dr. Manuel Wilhelm, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes des Main-Kinzig-Kreises, das Konzept von „Hebamme vor Ort“ vor. Immer wieder einmal würden Rettungswagen und Notärzte zu Hochschwangeren gerufen, die kurz vor der Geburt ihres Kindes stehen. „Der Notarzt ist eigentlich gesetzlich verpflichtet, bei einer normal verlaufenden Geburt eine Hebamme hinzuzuziehen“, berichtete Dr. Manuel Wilhelm. Aus dieser Grundidee heraus hat der Mediziner das Pilotprojekt „Hebamme vor Ort“ angestoßen, das in Zusammenarbeit mit dem Landesverband der Hessischen Hebammen beziehungsweise deren Kreisverband im Main-Kinzig-Kreis durchgeführt wird und das im Oktober 2021 an den Start ging. In dem Projekt engagieren sich Hebammen, die bereit sind, während eines Einsatzes vor Ort mitzuarbeiten. Nachdem Fragen des Versicherungsschutzes und der Zuständigkeiten geklärt waren, fanden sich bislang bereits zwölf Hebammen, die an dem Projekt teilnehmen. Die Frauen können angeben, in welchem Umgebungsradius sie tätig sein wollen und zu welchen Uhrzeiten und an welchen Tagen sie erreichbar sind. Wird ein Rettungsdienstteam zu einem Einsatz gerufen, wird eine im Einsatzgebiet als „Hebamme vor Ort“ gemeldete Hebamme telefonisch alarmiert. Die für eine Geburt notwendige Ausrüstung ist in jedem Rettungswagen vorhanden. Diese wird nun regelmäßig in Rücksprache mit dem Hebammenverband besprochen und, wenn notwendig, erweitert. Jeder Einsatz wird zur Qualitätssicherung dokumentiert. „Bislang sind unsere Erfahrungen und die Rückmeldungen von Einsatzteams, Müttern und Hebammen durchweg positiv“, so Dr. Manuel Wilhelm. Er hofft, dass die Idee auch in benachbarten Kreisen aufgegriffen und umgesetzt wird.

Kathrin Anders zeigte sich von dem Projekt sehr angetan: „Ein ähnliches Konzept habe ich vor gut zweieinhalb Jahren angeregt. Diesen Vorschlag und einige andere Maßnahmen werden deshalb auch an dem Runden Tisch Geburtshilfe der Landesregierung diskutiert. Es freut mich, dass das Hebammenprojekt des Main-Kinzig-Kreises bereits gelebte Praxis und ein so großer Erfolg ist.“

Das Telenotarzt-Pilotprojekt wiederum läuft seit mehr als drei Jahren in Kooperation mit der Aachener Betreiberfirma Umlaut Telehealthcare und mittlerweile auch dem hessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg. Das Telenotarztsystem macht es möglich, bei bestimmten Rettungsdiensteinsätzen einen Telenotarzt hinzuzuschalten. Das Team des Rettungswagens kann von ihm bei Bedarf eine fundierte medizinische Einschätzung einholen. Auf diese Weise muss nicht bei jedem Einsatz, der einen Notarzt erfordert, ein solcher physisch anwesend sein. Trotzdem werden die Einsatzkräfte vor Ort bestens notfallmedizinisch unterstützt. Der Telenotarzt kann auf die Live-Vitaldaten des Patienten oder der Patientin sowie Fotos von der Einsatzstelle zugreifen, mit den Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern am Einsatzort sprechen und bei Bedarf einen Videostream aus dem Rettungswagen nutzen. Statt im Notarzteinsatzfahrzeug anzufahren, sitzt er während des Kontakts in der Leitstelle der Berufsfeuerwehr in Aachen oder in der Leitstelle im Gefahrenabwehrzentrum in Gelnhausen. 14 der Rettungsfahrzeuge im Kreis sind mit dem notwendigen technischen Equipment ausgestattet. Diese Zahl soll bis Ende 2022 verdoppelt werden. „Vor allem im Main-Kinzig-Kreis mit seiner großen Ausdehnung, in dem Rettungskräfte bei einem Einsatz zeitlich wie räumlich stark gebunden sind, ist das Telenotarztsystem sehr sinnvoll“, erklärte Susanne Simmler. Sie geht davon aus, dass das System in naher Zukunft auch von weiteren Kommunen genutzt wird.